Auf Kommentar antworten
Wir haben schon lange verloren, es nur noch nicht gemerkt...
Verfasst von Zaungast (nicht überprüft) am 4. September 2009 - 15:43.
Als Ottonormalbürger hat man so seine Vorstellungen über den Ablauf einer Stadtverordnetenversammlung. Keine konkret greifbaren Vorstellungen, aber irgendwie denkt man sich, dass es dort sachlich, vernünftig und auch halbwegs fundiert zugeht, weil es ja um wichtige Belange der Stadt und auch deren Bürger geht.
So jedenfalls ging es mir bisher, genauer gesagt bis gestern Abend. Gestern Abend nämlich war ich zum ersten Mal auf einer Sitzung der Stadtverordneten der Stadt Offenbach.
Erst dachte ich, es wäre Mainz wie es singt und lacht und ich hätte die falsche Tür erwischt, aber es war tatsächlich Offenbach wie es leibt und lebt.
Der Stadtverordnetenvorsteher vor dem Hintergrund einer (irgendwas) lesenden, schwatzenden (innerhalb und außerhalb des Plenarsaals) und schmatzenden (ebenfalls innerhalb und außerhalb des Plenarsaals) Meute. Dazwischen ab und zu ein Redner. Man weiß auch sofort nach der Rede, zu welcher Fraktion er gehört, weil dort dann pflichtgemäß jede wie auch immer geartete Tätigkeit unterbrochen und Beifall geklatscht wird. Ansonsten ist es bei den ständig zwischen innerhalb und außerhalb des Saales wuselnden Personen sehr schwer, den Überblick zu behalten, ob wirklich noch alle da sind und sich nicht eine(r) heimlich verdrückt hat.
Irgendwo auch unser Oberbürgermeister, eindeutig zu identifizieren an der Sitzhaltung, die einst auch Dali zu seinen fließenden Uhren inspiriert hat.
Was die einzelnen Redner sagten, war eigentlich völlig irrelevant, weil im Grunde niemand wirklich zuhörte.
Niemand hat auch wirklich richtig mitbekommen, was an teilweise sachlichen und teilweise auch völlig neben der Sache liegenden Argumenten vorgetragen wurde.
Keiner hat die freiwillige und auch unfreiwillige Komik mancher Redner bemerkt.
Keiner hat auch dem Selbstdarstellungsbedürfnis einiger Redner ausreichend Rechnung getragen.
Keiner hat bemerkt, dass manche Redner nicht einmal rechnen können.
Keiner hat bemerkt, dass manche Redner wirklich überhaupt keine Ahnung von dem hatten, was sie erzählten.
Keiner hat auch bisher gemerkt, dass Offenbach auf diese Art und Weise immer weiter und weiter gegen die Wand gefahren wird.
Ich hingegen habe gemerkt, dass ich bisher ein hoffnungsloser Träumer war.
Wenn jemand meine Illusionen findet, darf er sie behalten.