Die Hauseigentümer zum 2. Bauabschnitt
1. Der Wilhelmsplatz hat bereits Charme und muß nicht künstlich „aufgewertet“ werden.
Seinen besonderen Charme und eine schöne Begrenzung erhält der Platz durch die Kastanienbäume, von denen bereits einige leider schon der Planung zum Opfer gefallen sind. Es bedarf hier schlichtweg keiner „Vervollständigung“.
Eine auflockernde Gestaltung der Seitenstraßen ist von den Gastromen bereits durch gut funktionierende Terrassen vorgenommen worden. Diese sollen sie nun wieder abreißen und müssen sich außerdem eine neue Bestuhlung anschaffen. Eine Verkehrsberuhigung ergibt sich schon heute durch die seitlichen Parkplätze und den Parkplatzsuchverkehr.
2. Die geplante Erneuerung der seitlichen Straßen ist nicht zeitgemäß.
Das Gesamtkonzept des Platzumbaus ist offenkundig veraltet. Eine Studie des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung von 2008 belegt (http://www.baufachinformation.de/literatur.jsp?bu=2008119009428), wie zeitgemäße Gestaltung unter Einbeziehung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen funktionieren würde. (Beruht der derzeitige Plan vielleicht auf dem gescheiterten Umbauplan von 1987?!)
Der gewünschte Umbau der seitlichen Straßen zerstört den historischen Platzcharakter. Die seitlichen Straßen wurden gemeinsam mit dem Platz angelegt – und das eben nicht niveaugleich. (Die Niveauangleichung wird allenfalls zu einer größeren Zahl an überschwemmten Kellern führen.)
3.Die geplante Erneuerung der seitlichen Straßen ist unnötig.
Basaltfarbiges Betonsteinpflaster und antikrosafarbenem Porphyr mögen derzeit als modernere Straßenbelag gelten, der bisherige Belag läßt sich aber problemlos weiternutzen. Unnötige Kosten verursachen auch die Lampen.
Warum werden beim geplanten Umbau der seitlichen Straßen nur die westliche und die östliche Seitenstraße sowie der Gehweg auf der südlichen Seitenstraße berücksichtigt? Südlich und östlich sind der Bodenbelag und Straßenaufteilung anscheinend problemlos tolerierbar.
Der Antrag des Magistrats spricht unablässig von der Anpassung an den Nutzungsbedarf. Richtigerweise bezieht der sich aber nur auf die Platzmitte, denn die Nutzung der seitlichen Straßen soll ja gar nicht grundlegend geändert werden.
Auch eine Verkehrsberuhigung erhält man nicht durch die reine Anordnung von „maximal Schrittgeschwindigkeit“ und die „Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer“. Die künftig verbreiterte Fahrbahn ohne seitliche Begrenzungen oder parkende PKWs wird im Gegenteil viele Autofahrer zum Rasen einladen – ein in Offenbach bereits stadtbekanntes Phänomen.
4.Der geplante Umbau ist unfassbarer Luxus.
Im Grunde belegt alleine schon eine Zahl für sich, wie unausgereift das vorgelegte Konzept ist: 53.651,65 EUR, die künftig JEDES JAHR zusätzlich an Kosten auf den städtischen Haushalt zukommen.
Bitte berücksichtigen Sie: Patina hat Charme, deshalb kommen zur Zeit noch so viele Menschen auf den Platz. Es ist Luxus, die Patina zu beseitigen! Die Sympathiewerte glatten Betons kann man sich auf dem Aliceplatz oder dem Mathildenplatz anschauen. Kann sich Offenbach wirklich noch so einen toten Platz leisten?
5.Die Stadtverwaltung legt einen unsoliden Finanzierungsplan vor.
Die Hausbesitzer der westlichen und südlichen Straßen werden gegen die Zahlungsbescheide den Rechtsweg beschreiten. Denn mindestens zwei Aspekte hat die Stadtverwaltung übersehen:
Der gesamte Umbau des Platzes einschließlich der seitlichen Straßen soll erklärtermaßen der städtebaulichen Aufwertung dienen. Alles, was an Extras aus Verschönerungsgründen bestellt wird, muss aus der Umlage an die Hausbesitzer von vornherein herausgerechnet werden. Das dürfte der größte Teil sein.
Zum anderen gibt es nach aktueller Rechtsprechung keine Chance für den Ansatz der Stadtverwaltung, für einen Platz mit derartiger zentraler städtischer Funktion wie den Wilhelmsplatz nur 35% Eigenanteil der Stadt vorzusehen (Stichwort „überwiegende Nutzung“ durch die Anlieger). Da hilft auch nicht die Einstufung als „verkehrsberuhigt“ - denn Spielstraßen werden hier nicht entstehen.
Unter für die Stadt günstigen Annahmen wird sich ein Fehlbetrag von wenigstens 200.000 EUR ergeben. Der belastet dann den städtischen Haushalt im Jahr 2011.
Bei den Baukosten schöpft die Stadtverwaltung aus dem Vollen, denn der städtische Anteil ist ja vermeintlich vom Konjunkturförderprogramm abgedeckt. Geht man davon aus, dass wie üblich in Offenbach die echten Baukosten 15% höher liegen als von der Stadtverwaltung angegeben (siehe gerade Mühlheimer Straße), dann werden alleine dadurch weitere 150.000 EUR Fehlbetrag entstehen.
6.Marktbeschicker, Gastronomen und Hausbesitzer stehen vor einer existentiellen Bedrohung.
Der direkt im Anschluß an die Platzerneuerung erfolgende Umbau der seitlichen Straßen führt zu einer Gesamtbauzeit von September 2009 bis weit in den Herbst 2010. Das bedeutet den Verlust einer vollständigen Freiluftsaison für die Gastronomen, die auf diese Einnahmen angewiesen sind. Auch die Geschäfte müssen bei erschwertem Zugang entsprechende Umsatzeinbußen befürchten. Die Marktbeschicker drohen einen Teil der Kundschaft zu verlieren, wenn diese sich aufgrund einer langen Bauzeit dauerhaft umorientiert.
Die Hausbesitzer stehen teilweise vor dem Notverkauf ihrer Häuser, da sie die Kostenforderungen nicht bezahlen können. Die Stadtverwaltung macht bisher keinerlei Anstalten vernünftig darüber zu verhandeln.
Am Ende der Bauzeit bleiben auf den seitlichen Straßen nur noch 33 Parkplätze übrig. Viel zu wenige für einen Platz, der noch am Autoverkehr orientiert ist. Der Umbau entspricht weder den Vorstellungen von einem autofreien Platz, noch den Forderungen der Anwohner und Gewerbetreiben nach ausreichenden Parkplätzen.
Kommentar hinzufügen